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Urlaub an der Costa Brava


In den 60-Jahren konnten Spanientouristen dort noch für ein paar Peseten sehr sehr viel kaufen: Zigaretten, Alkohol und Lebensmittel waren noch unwahrscheinlich billig. So gab es eine Reihe von „Eingeweihten“, die jährlich aufs neue in das gelobte Land Spanien fuhren oder flogen, um dort die zumeist noch unberührten Superstrände zu genießen. Die meisten Deutschen jedoch fuhren damals noch am liebsten nach Italien. Wer in die Schlager der damaligen Zeit hineinhorcht, hört oft skurrile Texte über "Bella Italia", eine schlagertrunkene Sehnsucht nach dem Land, in dem die Zitronen blühten.

Die spanische Diktatur Francos öffnete in den 60er Jahren die Grenzen für den Tourismus, um damit eine Menge Geld zu machen. Während Foltergefängnisse existierten und von Zeit zu Zeit mittelalterliche Garotten allen Systemgegnern die Kehle bis zum Ersticken zudrehten, lagen die Touristen bereits an der Costa Brava und in Andalusien und tankten Sonne und Sangria, während in die Emigrationsströme vor Armut und Unterdrückung in Richtung Mitteleuropa flüchteten.
Im Land selbst gab es ebenfalls eine Migration aus dem armen Regionen in die Metropolen Barcelona und Madrid. Die Spanier und auch ihre portugiesischen Nachbarn unter dem Diktator Salazar lebten damals zumeist in großer Armut und Unzufriedenheit. Die bittere Realität wurde jedoch sowohl von der spanischen Regierung als auch von den „blauäugigen“ Touristen ignoriert.

Nach Hause zurückgekehrt, fabulierten braungebrannte Urlauber über das angeblich so romantische Leben in der spanischen Sonne. Zu Hause stießen sie auf eine beträchtliche Zahl von spanischen Emigranten, die zwar ihr Land, ihren Wein, ihre Musik und ihre Tradition liebten, die Diktatur aber strikt ablehnten und vor der Armut und Abgeschiedenheit des Landes flüchten mussten. Nach Deutschland kamen die Emigranten mit Wut im Bauch über die politischen und wirtschaftlichen Zustände in der Heimat, gleichzeitig aber konfrontiert mit vielfach miesen Jobs, nordischen Temperaturen und einer „anderen“ Lebensart.

Spanische Kulturzentren im Pott


Da war es natürlich nahe liegend, dass sie sich ein wenig Heimat in Deutschland schaffen wollten. Die Emigranten bildeten Clubs, Kneipen und Vereine, die mit praktischer Arbeit und mit Angeboten für Familien über das Heimweh und den Frust hinweghelfen sollten.
In Essen zum Beispiel gründete sich in den 70-Jahren das „Spanische Zentrum Essen“, im ehemaligen Tchibohochhaus, ein Riesenzentrum: Im Keller eine Disco, in den anderen Etagen zahlreiche Gruppen- und Arbeitsräume für diverse spanische Vereine, Gewerkschafts- und Parteigruppen. In einem der oberen Stockwerke gab es ein „Restaurant“, besser gesagt eine Kantine, in der gute spanische Kost für wenig Geld zu haben war. Ein ähnlich großes Zentrum existiert heute im Ruhrgebiet nicht mehr, das größte Zentrum besteht heute noch in Dortmund. Das Essener Zentrum löste sich auf, als die Miete wucherte und die Polizei oftmals wegen hoher Lautstärke im Zentrum vor der Tür stand.

Dazu kam, dass am Todestag Francos, der in Spanien am 20. November 1975 einen natürlichen Tod gestorben war, tausende von Emigranten ihre Koffer packten und noch am gleichen Tage in die Heimat zurückreisten. Mit dem Tod Francos verband sich die Hoffnung, dass sich das Heimatland demokratisiert. Die demokratischen Parteien, die bis dato verboten waren, wurden legalisiert und befanden sich im Aufwind. So wurden viele ehemalige Migranten und Funktionäre der Auslandsorganisationen der verschiedenen Parteien für politische Posten in Spanien gebraucht. Für das Ruhrgebiet bedeutete dies, dass die spanischen Kolonien sich drastisch verkleinerten.

Dennoch blieben viele Familien hier, weil die Kinder hier in der Schule oder in Ausbildung waren oder weil feste Arbeitsplätze die Emigranten banden. Die spanischen Zentren und Kneipen hatten also weiter ihre Berechtigung und wurden nach wie vor genutzt.
Es wurden nun verstärkt auch kulturelle Aktivitäten organisiert. Wenn man die Zentren besuchte, hörte man meistens Musik aus der „Konserve“: Sevillanas, Protestlieder, sogar „politischen Flamenco“ (auch so etwas gibt es: Stichwort „El Cabrero“) und natürlich Canciones, Schlager, die eingängig aber dafür wenig tiefgängig waren. Viele Spanier, insbesondere die Andalusier, musizierten und tanzten selbst. Hoch ging es immer her, wenn wieder eine Fiesta stattfand und die deutschen Gäste dieser Fiestas lernten Lieder von Federico Garcia Lorca, von Flamencostars wie Manitas de Plata, Peret, ihre Rumbas aber auch den Cante Jondo kennen. In der damaligen Folkloreszene bauten die spanischen Emigranten „ihre Musik“ in die Programme ein und erreichten eine gewisse Popularität. Und immer wieder luden die Vereine und Organisationen auch große Namen ins Ruhrgebiet ein: Pedro Soler, Maria del Mar Bonnet, Manuel Gerena, viele Rumba-Flamenco-Stars aus Katalonien, die ihrerseits dorthin emigriert waren, weil die wirtschaftlichen Zustände in Andalusien nicht rosig waren und Katalonien neben dem Baskenland die reichste Region Spaniens darstellte.

Das neue Spanien


Der Umbruch in Spanien führte schnell zu einem veränderten Image des Landes. Es bot sich auf einmal ein weltoffenes, ein aufbruchbereites und ein liberales Land mit einer bunten, politischen und kulturellen Szene, die natürlich den Reiz für Touristen erhöhte, den Urlaub dort zu verbringen. Millionen brachen auf, um die schönsten Wochen des Jahres in Loret de Mar, Callela, auf Mallorca, in Torremolinos oder in Marbella zu verbringen. Sie kamen damals noch in den Genuss der traurigen Ergebnisse einer desolaten Wirtschaftspolitik der Francoära: Die Peseta war gegenüber der deutschen Mark damals fast nichts wert. Es bot sich ein noch sehr preiswertes und zu entdeckendes Spanien dar.

Die „Retornados“, die Heimkehrer, wurden nicht nur Bürgermeister oder Funktionäre im politischen Bereich, sondern arbeiteten Dank ihrer Sprachkenntnisse auch systematisch daran mit, den Massentourismus auszubauen. Dazu gehörte natürlich auch ein Flamenco der leichten Art. Ganze Sippen von Musikern tourten durch die berühmt-berüchtigten Touristenhochburgen und veranstalteten Flamenconächte. Obwohl das keinesfalls der pure Flamenco war, der in die Ohren der Touristen drang, blieb doch immer der Rhythmus und das Ambiente dieser Nächte in den Köpfen der Deutschen hängen, wenn man schon längst wieder zu Hause war. Und zu Hause hörte man natürlich die als Souvenir mitgebrachten Schallplatten, manchmal freilich nur, um Diaabende zu untermalen, aber immerhin.

Der Flamenco-Boom


In den Plattengeschäften verkauften sich auf einmal Schallplatten von Gruppen wie „Los Reyes“, von Paco de Lucia und Manitas de Plata. Die Popgruppe „Santa Esmeralda“ modernisierte den Flamenco ziemlich brutal mit ihrem Hit:

„Dont_Let_Me_Be_Misunderstood“

und dann veredelten aufeinmal auch deutsche Schlagersterne ihre Produkte mit einem deutlichen Flamencoflair, es sei nur an unvergessliche Schnulzen wie „Viva Espana“ oder „Spaniens Gitarren“ erinnert.

Ernsthaftes Flamencofieber brach im Ruhrgebiet aus, als die Filme von „Carlos Saura“ in die großen Kinos kamen. Zunächst war seine filmische Interpretation der „Bluthochzeit“ zu sehen und dann folgte der Durchbruch mit dem Riesenerfolg „Carmen“. Die Kinos waren proppevoll und das Publikum ließ sich begeistern von den Doppeldeutigkeiten in den Filmszenen von der im Film zu erlebenden Musik von Paco de Lucia, vom Tanz einer Christina Hoyos und einer Laura del Sol und der Leidenschaft des unvergessenen, leider schon verstorbenen Antonio Gades . Die Atmosphäre, besonders die des tragischen Schlusses der eigentlich doch recht alten und in so mancher Opernaufführung hinreichend gewürdigten Geschichte der zigeunerischen Carmen ließ das Publikum seltsam betroffen aus den Filmpalästen schleichen und danach wollte es mehr. Oft führte der Weg aus dem Kino geradewegs in die hiesigen spanischen Restaurants.

Spanische Kultur in Gelsenkirchen


Von diesem Boom war in Gelsenkirchen besonders der leider verstorbene Francisco Nuño als Inhaber der heute noch beliebten Gaststätte „La Maritima“ auf der Bochumer Straße betroffen. Von einem Tag auf den anderen wurde er Szene-Wirt, ohne sich das selber wirklich erklären zu können. Rumbas und Sevillanes leierten aus einer Mini-Stereoanlage, spanischer Rotwein der Marke „Soldepenas“, in 1,5 L Flaschen zu Sonderpreisen, Fisch in vielen Variationen und die einzigartige Paella der immer freundlichen und ansprechbaren Señora Nuño, entzückten die zahlreichen Besucher.

Trotz der Wahnsinnsarbeit, die der „Boom“ verursachte, boten die Nuños einen einzigartigen Service. Francisco Nuño präsentierte aber nicht nur die kulinarische Welt seiner Heimat, sondern ließ durch seine Art Generationen von Gästen an der andalusischen Lebensweise teilhaben. Die ganze Familie war Arbeit gewohnt: Sie betrieb zusätzlich auch noch einen kleinen Lebensmittelladen direkt neben der Kneipe, der auch die Arbeitskraft und Geduld ihrer Kinder, die dort halfen, beanspruchte.
Zwischenzeitlich kehrte Francisco Nuño in seine Heimat Malaga zurück, um dann in Bochum und Gelsenkirchen, in neuen, großen Lokalen, ein Comeback zu versuchen. Frau Nuño sieht man heute leider nicht mehr sehr häufig, aber immer wenn man sie trifft, geht es sehr herzlich zu.

Auch bei Straßenfesten und Veranstaltungen von Parteien und Jugendorganisationen kam es damals regelmäßig zu Flamencoauftritten. Der Sozialist und Gewerkschaftler Diego Gonzales organisierte dies sehr geschickt und obwohl er selbst aus dem nordspanischen Cangas de Onis stammt, gibt es eine tiefe Verbindung zum Flamenco. Dies zeigte sich besonders dadurch, dass seine Tochter Maria selbst auch eine recht bekannte Tänzerin wurde. Schon mit stolzen 13 Jahren hatte sie mit ihrem Auftritt im „alten“ „Lalok libre“, damals noch an der Unkelstraße, einen Riesen-Erfolg. Es war übrigens damals dort so voll, dass sich die Zuschauer in diesem Ladenlokal so an die Schaufensterscheiben pressten, dass diese sich nach außen beulten und kurz vor dem Zerspringen waren….

José Urbano Cuesta, der sich heute „El Macareno“ nennt und in Almodóvar del Rio in der Nähe von Córdoba lebt, gründete damals die erste Flamencogitarrenschule in Gelsenkirchen, durch die viele deutsche und spanische Gitarristen gingen, die bis heute allesamt gut und bekannt geworden sind. Auch der heute beste deutsche Gitarrist Rafael Cortés übte dort in seiner frühen Jugend.

In diese Zeit fiel auch die Gründung einer legendären Kneipe namens „Las Tapas“. Der ebenso legendäre, heute etwas ruhiger gewordene José Remón Alvarez, war Begründer und Triebkraft dieses Projektes, welches schließlich 10 Jahre existieren sollte.
Rund um diese Gastronomie entwickelten sich Clubs und Cliquen, die einen Fächer von Aktivitäten erdachten und durchführten: „Studien“–Reisen nach Barcelona, Valencia, Madrid, Andalusien und Nordspanien.
Flamencotanzkurse wurden eingerichtet und vermittelt, dies auf hohem Niveau, z.B. unter der Leitung des ehemaligen Tänzers und Choreografen am Gelsenkirchener Stadttheater, Antonio Rodriguez, der noch heute eine Tanzschule in Oberhausen leitet.

España en el aire


Einige Teilnehmer an spanischen Sprachkursen gründeten eine sogenannte „Peña Rioja“, man traf sich zu angeregten Diskussionen zu spanischen Themen. Flamencomusik wurde - damals noch auf Musikcassetten - ausgetauscht. Die Mitglieder der Peña hörten nachts „geheime“ Radiosendungen wie „speak easy“, moderiert von Karl Lippegaus auf WDR 1 und die Mittwochsausgabe der Sendung vom „Vom Bosporus bis nach Gibraltar“, die Aktualitäten des spanisch-sprechenden Teils der Sendung des WDR 5 für spanische Migrantinnen und Migranten usw. Alles wurde regelmäßig peinlichst abgehört und auf Cassette gebannt.

Und es war auch dieser Karl Lippegaus, der in einer seiner Sendungen zum ersten Mal in Deutschland ganz spärlich, nur mit zwei Titeln, die "Gipsy Kings" vorstellte, und zwar mit den Titeln „Bamboleo“ und „Quiero Saber“, ohne allerdings zu erwähnen, woher diese Gruppe kam oder wo eine Platte oder Cassette zu erwerben wäre. Den Gelsenkirchener Fans rund um ihre Stammkneipe "Las Tapas" blieb also nichts anderes übrig, als auf der ganzen Welt zu suchen. Es brach ein regelrechtes Fieber aus. In Deutschland war nichts zu finden. In Spanien gab es zwar das Stück "Bamboleo" in verschiedenen Versionen zu kaufen, jedoch nicht die der "Gipsy Kings". Die Gruppe war dort zu diesem Zeitpunkt noch völlig unbekannt. Vorsichtige Nachfragen in Malaga, Granada und Madrid stießen auf verständnisloses Kopfschütteln. Es bestand kaum noch Hoffnung, jemals diese ersehnte Scheibe zu erstehen. Erst in der Nähe von Paris, bei einem großen Musikfestival, wurde an einem unscheinbaren Verkaufsstand das Unglaubliche war. Für den Preis von satten 128 französische Franc stand da eine kleine, unscheinbare Musikcassette. Es war d i e Aufnahme der Gipsy Kings mit all den Titeln, die ganz viele Menschen später über Jahre begleiten sollten. Und erst im Juni 2006 geben die Gipsy Kings ihr erstes Konzert in Gelsenkirchen!
Jazz und Flamenco - paßt das überhaupt zusammen? Ja! In der Jazz & Art Galerie paßte das schon immer; ist der doch Jazz auch eine Art von Folklore. Und Folklore stand auch im Programm der Galerie. Und weiter:

Man stelle sich das Jahr 1978 vor: Hippie-Ära, Flower-Power-Bewegung und - Bob Dylan. Fast jeder Jugendliche der damaligen Zeit besaß eine "Klampfe" und versuchte - mehr oder weniger gut - die Zeit der frühen Blumenkinder nachzuempfinden. Zahlreiche Treffs in der Galerie zeugten von einer Bewegung, die gegen Krieg und Atomraketen war, das Flair des jährlichen Ostermarsches gehörte ebenfalls dazu. An lauen Sommerabenden traf man sich vor dem Bunker an der Arminstraße (damals noch ohne Botiquen) um Bob Dylan und Sänger aus Irland und Schottland nachzuahmen.

Zu diesem Zeitpunkt kam Luigi zu uns. Luigi - klingt eigentlich italienisch - aber er ist kein Italiener, aber auch kein Spanier: Nein, er ist Sarde und Sinti. Und er brachte eine ganz andere Musikrichtung in die Szene hinein. Auf einmal waren sie alle da, die Gelsenkirchener aus dem Süden Europas: Italiener, Portugiesen, Türken, Jugoslawen (gab es damals noch), Griechen. Die Musikinstrumente wurden ausgepackt, der Grill hervorgezaubert und spanische Leckereien angeboten. Eine Fiesta, ganz wie im Süden.

Diesem ersten spanischen Abend folgten viele weitere. Wir lernten die Mentalität und die Eigenarten unserer spanischen Freunde kennen und schätzen, erfuhren, wie lange sie schon in Gelsenkirchen lebten, für viele von uns unbemerkt.

Im Laufe der nächsten Jahre fanden neben verschiedenen anderen Folk-Veranstaltungen auch Flamencoabende statt. Bei einer dieser Veranstaltungen lernten wir eine Dame kennen, die uns mit ihrem Tanz begeisterte: Pepi. Ihre Art, Flamenco zu tanzen, brachte uns die spanische Mentalität herüber und sie besaß die große Gabe, sich mit anderen Tänzern und Tänzerinnen arrangieren zu können, so daß wir sie oft mit verschiedensten Interpreten engagierten.

1993 gastierte Pepi mit ihrer Gruppe "Mosaique" in der Galerie. Acht Interpreten fanden sich in dieser Formation zusammen. Alle gaben vorher schon Gastspiele mit anderen Gruppen. Zu "Mosaique" gehörten die Gitarristen Eloy Martinez, Manuel Martinez und José Jimenez. Die Gebrüder Martinez leben schon in der zweiten Generation in Gelsenkirchen, während José Jimenez in Cadiz geboren wurde.Der Sänger José Ramon Calderon kommt aus Granada. Tanz und Chor bildeten Pepi Naranja und Maribel Moreno aus Cadiz. José Espinosa, geboren in Melilla war "Palmero" und die Percussion übernahm Uwe Beyer.

Das Repertoire des Abend bestand aus "Rumba Gitana", also "Cante Chico". Der temperamentvolle Rhythmus berührte die Zuhörer und Zuschauer enorm. Nachdem heftig mitgetanzt wurde, klang der wunderbare Abend mit Tapas und Grillspezialitäten aus.

Sardische Gitanos in Gelsenkirchen

Die Familie Doppio



WAZ April 1982
 
 
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